Ein Arzt haftet, wenn er nach der Anfertigung eines EKG (Elektrokardiographie zur Messung der elektrischen Aktivität des Herzens) einen Herzinfarkt feststellt, eine Krankenhauseinweisung jedoch unterlässt, weil er davon ausgeht, dass es sich um einen alten, d.h. nicht frischen, Herzinfarkt handelt.

Frischer Herzinfarkt – alter Herzinfarkt

Ausschließlich anhand eines EKG kann das Alter eines Herzinfarktes nicht bestimmt werden. Zwar kann auch ein älterer Herzinfarkt ein ähnliches EKG-Ergebnis zeigen wie ein frischer Herzinfarkt. Dennoch darf der Arzt einen frischen Herzinfarkt nicht ausschließen. Durch die biologischen Umbauvorgänge im subakuten Infarktstadium mit elektrischer Instabilität besteht das Risiko für ein lebensgefährliches Kammerflimmern. Bei einem solchen Befund muss der Arzt zum Wohl des Patienten zwingend vom Schlimmsten, d.h. von einem Herzinfarkt, der eine sofortige Krankenhauseinweisung notwendig macht, ausgehen.

Lebensbedrohliche Herzrythmusstörungen

Auch einem Allgemeinarzt muss bekannt sein, dass die Herzinfarktsterblichkeit bei einer Behandlung in einer Intensivstation eines Krankenhauses erheblich niedriger ist. Der Arzt muss bei der Feststellung eines Herzinfarktes auf einem EKG unverzüglich einen Notarzt zur Gewährleistung eines überwachten Transportes in ein Krankenhaus nebst Monitoring und Befragrung des Patienten veranlassen. Andere zielführende Maßnahmen gibt es nicht. In erster Linie muss die Entstehung von lebensbedrohlichen Herzrythmusstörungen verhindert werden.

Grober Behandlungsfehler

Eine in diesem Fall unterlassene Krankenhauseinweisung ist objektiv nicht mehr nachvollziehbar und darf einem Arzt nicht unterlaufen. Die Unterlassung ist als grober Behandlungsfehler zu werten.

Zu berücksichtigen ist auch, dass selbst ein fünf Tage zurückliegender Herzinfarkt noch als frischer Herzinfarkt zu werten ist und eine sofortige Krankenhauseinweisung unter Überwachung bedarf.

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